Chengdu
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Chengdu, die Hauptstadt der Provinz Sichuan (auch Szechuan geschrieben, da wo der gleichnamige Pfeffer herkommt) in Südwestchina, ist eine Metropole mit über 20 Millionen Einwohnern. Wir können bei den Eltern von unserem Freund He unterkommen, der leicht verspätet drei Tage später aus Braunschweig eintrifft. Von Tibet fahren wir mit der Tibetbahn zurück nach Xining und dann weiter nach Chengdu, wo wir nach 30 Stunden Zugfahrt am 13. November ankommen.

Hes Eltern sind sehr gastfreundlich und haben am ersten Abend ein paar Spezialitäten aus Sichuan aufgetischt. Wir stoßen mit Heineken und Reißwein an. Mit bis zu vier Smartphones verständigen wir uns, das klappt grundsätzlich gut. Aber manchmal auch eben nicht. An einem Morgen übersetzt uns die App die frisch gekochten Eier in „rotten Eggs“, also vergammelte Frühstückseier. Und wahrscheinlich gab es in den Tagen ohne He noch das ein oder andere Missverständnis auf Grund seltsamer Übersetzungen.

Stadt der Pandas

Chengdu ist unter anderem bekannt für seine Riesenpandas. Also fahren wir am nächsten Tag mit den Eltern zum Dujiangyan Panda Center, einer von zwei Aufzuchtstationen in Chengdu, etwa eine Stunde entfernt vom Zentrum. Die Anlage ist sehr groß, weitläufig und gut gepflegt. Es gibt mehrere Gehege, in denen Riesenpandas unterschiedlichen Alters leben. Die meiste Zeit fressen sie Bambus oder ziehen sich zurück und schlafen. Wir haben Glück und bekommen ein paar Pandas zu sehen. Rund zwei Stunden spazieren wir entlang der vielen Gehege, es nieselt leicht, bei Temperaturen um die 13°C. Neben Riesenpandas sind hier auch noch einige Rote Pandas aus nächster Nähe zu sehen.

Auch ein roter Panda muss sich mal am Allerwertesten kratzen

Anschließend fahren wir ein Stück weiter und werden in ein Restaurant mit großem Aussenbereich, in dem viele historische Gegenstände und Handwerkszeug aus der Region ausgestellt sind, zu einem authentischen Mittagessen eingeladen: Unter anderem Hähnchensuppe mit Yucca, Bacon mit Bohnen und süße Reisrollen.

Dujiangyan-Bewässerungssystem

In der Nähe des Panda Centers befindet sich das Dujiangyan-Bewässerungssystem. Dieses Stauwehrsystem zur Bewässerung der Ebene von Chengdu ist über 2.300 Jahre alt und zieht jährlich viele chinesische Tourist:innen an. Die Anlage besteht aus mehreren Teilen, dem Fischmaul, dem Flugsandwehr und dem kostbaren Flaschenhals. Die einzelnen Funktionen verstehen wir nicht so richtig, aber es ist schon gewaltig, dass so etwas vor mehreren Tausend Jahren konstruiert wurde. Es geht im wesentlichen darum, dass an dieser Stelle der Fluss Mín Jiāng geteilt wird. Das Wasser des inneren Stromes des Flusses fließt zur Bewässerung des Ackerlands in die Ebene von Chengdu und bewässert rund 600.000 Hektar Land im gesamten Sichuan-Becken. Der äußere Strom fließt als Mín Jiāng Fluß weiter. Je nach Jahreszeit und Hochwassersaison wird das Wasser über einen Überlauf in den äußeren Mín Jiāng geleitet und vermeidet so, dass es zu Überschwemmungen auf den Feldern kommt. Seit 2006 wird die Anlage durch eine neue Talsperre zur Stromgewinnung ergänzt.

Chengdu City

Die nächsten beiden Tage verbringen wir zu zweit in Chengdu. Das Wetter ist besser, die Sonne scheint. Mit der Metro fahren wir zum Tianfu Square. Das Metronetz ist sehr umfangreich und modern, die Stationen sind geräumig und netterweise sind (fast) alle Schilder zweisprachig und auch auf Englisch. Mit der App Alipay können wir unsere Smartphones beim Betreten und Verlassen an das Drehkreuz der Ein- und Ausgänge in der Metrostation halten, um so kontaktlos zu bezahlen. Eine Fahrt kosten etwa 50 Cent. Der Tianfu Square ist der größte öffentliche Platz in Chengdu. Im Gegensatz zu vielen anderen Städten Chinas, befindet sich hier noch eine 30 Meter Hohe Mao Statue. Umgeben ist der Platz von vielen Wolkenkratzern, wodurch die Statue kaum auffällt.

Im People´s Park treffen sich die Einwohner:innen von Chengdu in einer der vielen Teehäuser auf einen Tee. Oder sie finden sich zum Kartenspielen, Musizieren oder Aufführen von öffentlichen Tänzen zusammen. Wir können keinen schönen freien Platz auf den Terassen der Teehäuser finden und kaufen stattdessen ein paar lose Teeblätter. Wir folgen der Musik und finden ein halbes Dutzend Männer und Frauen, die ihre einstudierten Tänze aufführen und dabei proben. Eine Zeit lang beobachten wir die Szene, dann ziehen wir weiter.

Nächstes Ziel ist die Kuanzhai Alley, die „weite und enge Gasse“, einer Art Fußgängerzone. In den drei Straßen befinden sich historische Häuser und Neubauten im historischen Stil, in denen Besucher:innen Souvenir-, Schmuck- und sonstige Shoppingläden besuchen können. Natürlich sind hier auch ganz viele Restaurants und Imbissstände, an denen wir halt machen.

Archäologie ist nicht so unser Thema

Am nächsten Tag fahren wir mit der Metro nach Jinsha in eine archäologische Ausgrabungsstätte im Norden der Stadt. Bei Straßenbauarbeiten im Jahr 2001 wurden hier zufällig archäologische Funde entdeckt. Die Ausgrabungen reichen bis 1200 – 800 v. Chr. zurück. In der Folge wurden 50 Gebäude, hunderte Gold-, Bronze-, Stein- und Jadeartefakte sowie diverse Töpfereien ausgegraben. Im Jahr 2007 wurde das Jinsha Museum gebaut. Die Anlage umfasst heute das Museum, eine überdachte Ausgrabungsstätte und einen riesigen Park. Beim Besuch des Museums merken wir schnell, dass Archäologie nicht so unser Thema ist, wir verbringen am Ende mehr Zeit im Park, als in den Ausstellungen.

Wohou Tempel und Jinli Street

Nach dem Museumsbesuch und einem Nickerchen in der Sonne fahren wir mit der Metro in den Südwesten der Stadt zur Jinli-Street und dem Wuhou Tempel. Jinli ist ähnlich der Kuanzhai Alley. Wir schlendern umher, Scarlett kauft ein paar Souvenirs und wir essen marinierten Tofu mit Reisnudeln. Die taoistische Tempelanlage schauen wir uns an, sind aber nach Tibet etwas gesättigt, was Tempel angeht. Auch hier ist wieder ein riesiger Park, zu unserer Freude mit einigen Imbissen. Ohrreinigung ist ein Ding in Chengdu. In den Parks und an öffentlichen Plätzen finden sich professionelle Ohrreiniger. Diese nutzen lange Pinzetten, Federpinsel und andere Instrumente, die wie Folterwerkzeuge aussehen, um einem die Ohren zu säubern. Etwa 30 Minuten dauert die Prozedur, Kosten 70 RMB, rund 10 Euro. Scarlett nutzt diese Dienstleistung, macht es sich auf einem Sessel bequem und lässt sich eine halbe Stunde, stets mit skeptischem Blick, in den Ohren rumpuhlen.

Hotpot in Chengdu

Hes Eltern haben He inzwischen vom Flughafen abgeholt und wir treffen uns abends in der Wohnung. Hes Eltern laden uns zum Hotpot Essen, in eine nahe gelegene Mall ein. Die besten Restaurants befinden sich häufig in Shopping-Malls. Nach unserer Hotpot Erfahrung in Xining, bekommen wir hier nochmal die Gelegenheit ein authentisches Hotpot zu zelebrieren. Wir werden in einem Séparé an einem runden Tisch platziert. Nach und nach werden die Zutaten für den Hotpot serviert. Magen und Dünndarm sind eine der Spezialitäten, die in die heiße Brühe eingetaucht werden. He verrät uns das Geheimnis der chinesischen Küche. Sie vereint nicht nur viele Geschmacksnoten, sondern auch verschiedene Konsistenzen der Zutaten zu einer Komposition. Für den chinesischen Feinschmecker Gaumen ist der Geschmack eines Essens ebenso wichtig wie seine Konsistenz. Es wird daher viel Wert auf die richtige Zubereitung und Komposition gelegt. Innereien sind, aufgrund ihrer Konsistenz beliebte Spezialitäten. Obwohl wir fasziniert sind, dass Essen als wahre Kunst verstanden werden kann, werden wir keine Fans von Innereien und belassen es lieber bei dem ausgezeichneten Rind- und Hühnchenfleisch oder Tofu. Am Ende war es sehr lecker und ein tolles Erlebnis.

Chengdu Fazit

Unser Aufenthalt in Chengdu hat uns sehr gut gefallen. Die Gastfreundschaft, mit der wir von der Familie aufgenommen wurden ist unermesslich und rührt uns sehr. Wir durften keinen Handschlag tun, nicht einmal den Tisch decken oder abräumen, keine Rechnung bezahlen. So haben wir uns am Ende durch die regionalen Spezialitäten probiert und fast alle Sehenswürdigkeiten von Chengdu besucht. Trotzdem ging die Zeit sehr schnell vorbei, so dass wir am Ende vergessen haben, uns mit Szechuan-Pfeffer für zu Hause einzudecken…

Weiter nach Chongqing

Am folgenden Wochenende geht es weiter nach Chongqing. Chongqing? Noch nie gehört? Wir bis dahin auch nicht, aber die Stadt hat ein paar Überraschungen für uns auf Lager.…

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