It is for your own safety
It is for your own safety

It is for your own safety

Mit diesen Worten werden wir in zwei separate Räume ohne Fenster geführt. Uns wird ein Formular zur Unterschrift vorgelegt – vermutlich eine Einverständniserklärung. Wir können es nicht lesen, es ist auf Chinesisch. Dann beginnt die Befragung und Durchsuchung unserer Sachen. Unsere Einreise nach Xinjiang.


Rückblick zum 24. Oktober

Wir verlassen Kasachstan und befinden uns an der Grenze zu China in Khorgos in der Autonomen Uigurischen Provinz Xinjiang. Wir hatten uns vorher informiert und wussten, dass uns womöglich strengere Kontrollen erwarten, als es bei einer Einreise mit dem Flugzeug in eine Großstadt im Osten Chinas der Fall wäre. Im Folgenden wollen wir unsere Erlebnisse schildern. Obwohl die Begegnung mit den Autoritären mehr als merkwürdig für uns ist, sind die Beamt:innen zu jeder Zeit freundlich und und lassen uns schließlich passieren.

Einreisehalle in Khorgas. Weitere Fotos haben wir nicht gemacht.

Ankunft an der Grenze in Khorgos

Die Empfangshalle in Khorgos ist riesig. Zuerst legen wir unser Gepäck auf den Röntgenscanner, dann müssen wir eine Health Declaration an einem Bildschirm ausfüllen, ausdrucken und vorzeigen. Weiter geht es zum Einreiseschalter. Wir reichen unsere Pässe, dann werden wir gefragt, ob wir Chinesisch sprechen. „Bitte die Finger der linken Hand ohne Daumen auf den Scanner legen“ kommt die präzise Ansage in deutscher Sprache aus der Maschine zu unserer rechten Seite. Dann die rechte Hand und anschließend die beiden Daumen. Unser erster Beobachtung: Mitten in der Wüste wirkt hier alles sehr modern und effektiv organisiert.

Wir stehen an zwei Grenzkontroll – Kabinen und beantworten parallel Fragen, die, so wird uns erklärt, zu unserer eigenen Sicherheit sind. Obwohl wir den Zusammenhang zwischen den Fragen und unserer Sicherheit nicht nachvollziehen können, antworten wir pflichtbewusst.

  • Waren wir schon mal in China?
  • Welche Städte werden wir in China besuchen? Wie ist unsere Route?
  • Haben wir eine Reiseagentur? Haben wir eine ausgedruckten Reiseplan? Warum nicht?
  • Wie viel Geld werden wir in China ausgeben?
  • Und wieder, wo ist unser Reiseplan für unseren Aufenthalt in China? Man ist offensichtlich nicht zufrieden mit unseren Antworten.
  • Welche Beruf haben wir? Christian: „Manager in Health Care…“ So richtig können sie damit nichts anfangen. „Personal Emergency Response Center“, damit erst recht nicht. Sie belassen es dabei.
  • An Scarlett gerichtet: Haben Sie eine Kopie der Arzturkunde dabei? Nein – Haben Sie Fotos von ihrer Tätigkeit? Zeigen Sie ein Foto, das Sie im OP Saal zeigt. Scarlett zeigt ein Foto von der Arbeit und versucht ihren Job als Hafenärztin zu erklären. Misstrauische Blicke. Der Grenzbeamte wird langsam ungeduldig.
  • Sind Sie verheiratet? Warum haben Sie unterschiedliche Familiennamen? Was macht Ihr Mann beruflich?
  • In Scarletts Pass ein Stempel der Galapagos Inseln und in Christians nicht. Warum? Christian hat einen neuen Pass, ausgestellt im Februar, auf den Galapagos waren wir im November.

Nachdem wir 15 Minuten lang diese und weitere Fragen beantwortet haben, bekommen wir unsere Pässe noch nicht zurück. Wir wissen nicht genau, was der Grund ist. Ob sie mit unseren Antworten unzufrieden sind oder sich jeder westliche Einreisende einer weitergehenden Überprüfung unterziehen muss. Während unsere Mitreisenden an uns vorbeiziehen und sich die große Halle leert, werden wir gebeten auf einer Bank seitlich Platz zu nehmen. Man erklärt uns, dass die folgende Kontrolle unserer eigenen Sicherheit dient und bittet uns, uns kooperativ zu verhalten. Wir dachten, das hätten wir bereits getan… Dann werden wir getrennt voneinander in die eingangs erwähnten Räume zur weiteren Kontrolle gebracht. Scarlett wäre es lieber gewesen, zusammen zu bleiben, aber sie traut sich nicht danach zu fragen.

Befragung

Zunächst muss ich mein Gepäck komplett auspacken. Bei meinem Kamerarucksack bin ich kurz unsicher. Meinen Job haben sie nicht so richtig verstanden und ich will nicht als Journalist durchgehen, immerhin habe ich Kamera, drei Objektive und einen Laptop dabei, den er aber gar nicht beachtet.

Anschließend erfolgt eine Befragung und Sichtung meines Smartphones. Ich sitze auf einem Stuhl, rechts neben mir steht der Grenzpolizist mit meinem Handy. In den nächsten Minuten schaut er sich mindestens die Bildergalerie, den Browserverlauf und die App WeChat an, eventuell auch meine E-Mails. Gegenüber ist ein weiterer Polizist, der das Ganze filmt.

Mein gegenüber scheint vor allem neugierig bei den Bildern zu sein und fragt mich, wo ich den Galapagos Pinguin aufgenommen habe. Und dann ist da noch ein Bild aus dem Westfalenstadion. „You like Football?“ Yes, I like football!, „Bayern?“. Ich bleibe bei der Wahrheit. „No, I don’t like them. Borussia Dortmund, do you know?“. Kennt er natürlich nicht. Wir unterhalten uns noch kurz über Thomas Müller und Manuel Neuer. Dann findet er noch ein Foto von unserem Freund He „Is this your friend in China?“ „Yes, that’s him.“

Scarletts Kontrolle

… verläuft ist etwas intensiver. Eine Grenzbeamtin führt die Befragung und Untersuchung durch, während ein weiterer Polizist von einem Stuhl aus beobachtet. Die Polizistin spricht ein wenig Englisch. Sie hat ein Übersetzungsgerät zur Hilfe, das leider nicht immer verständlich funktioniert. Sie ist freundlich und autoritär zugleich. Mit Scarletts Handy in der Hand lächelt sie manchmal, wirkt als würde sie Smalltalk halten. „Oh, das ist hübsch, sind das Ihre Flitterwochen?“ Darauf folgt stets eine andere Frage und sie setzt abrupt wieder eine ernste Miene auf. Es ist etwas irritierend. Ist das eine Verhörstrategie?

Scarlett zählt immer wieder die Stops unserer Reise auf. Der fehlende schriftliche Reiseplan ist ein Problem. Beide gehen den Lonely Planet durch, in dem Scarlett einige Markierungen und Vermerke gemacht hat. „Sie fahren also auch nach Kashgar?“ (sie entdeckt einen PostIt). Nein, das war nur eine Idee, die wir verworfen haben. Aha. Sie findet einen handschriftlichen Zettel. „Ist das Ihr Reiseplan?“ Nein, das sind Empfehlungen von einer Chinesin, die wir in Samarkand kennengelernt haben. Wir besuchen nur einige der Städte. „Sie wollten nach Kashgar fahren, fahren aber doch nicht?“ Richtig.

Als nächstes möchte sie Fotos zu allen Stempeln im Reisepass sehen. Usbekistan und die Türkei interessieren sie besonders. „Viele Moscheen. Haben Sie Familie in der Türkei? Nein? Keine Freunde? Wer ist das?“ Das ist ein Freund aus Deutschland, den wir in der Türkei getroffen haben. „Zeigen Sie mir ein Foto von sich und ihrem Mann gemeinsam in der Türkei.“.

„Wie sind Sie dahin gereist?“ Mit dem Zug. „Wow. – Wo ist das? Ist das Usbekistan?“ Nein, das ist Sizilien (sie ist mittlerweile bei den Fotos von 2020 angekommen). „Zeigen Sie mir ein Foto aus Usbekistan!“.

Beide gehen einige Sachen in Scarletts Gepäck durch. Im Reisetagebuch interessiert sie ein Sticker von einem Street Artist. „Was für ein Land ist das?“ Ungarn. „Ah“.

Ein anderes, für sie sehr wichtiges Thema ist Tibet. Sie will etwas zur Einreise und Grenze in Tibet erklären, aber Scarlett versteht auch die Übersetzung ihres Geräts nicht. „Wie reisen Sie nach Tibet?“. Wir fahren mit der Eisenbahn, es ist eine sehr schöne Strecke. „Ja, das stimmt“. Lächeln. „Werden Sie den und den Tempel besichtigen?“ Bestimmt werden wir Tempel sehen aber wie waren nochmal die Namen der Tempel? Scarlett verweist auf unsere Reiseagentur. Das Ziel der Tibetreise ist außerdem das Mount Everest Basecamp. „Warum fahren Sie nicht in Nepal zum Mount Everest?“. Weil wir ja auf einer Zugreise durch China… Sie winkt ab, sie hat das mit der Zugreise verstanden.

Einreise

Meine Fragerunde ist bereits beendet, ich werde zurück in die Halle gebracht und muss noch 10 Minuten auf Scarlett warten. Dann erhalten wir unsere Pässe mit Einreisestempel zurück und dürfen einreisen. Wir verlassen schweigend die Halle. Draußen stellen wir erfreut fest, dass der Bus noch auf uns wartet. Unsere Mitreisenden im Bus, ausschließlich Kasachen und Chinesen, freuen sich ebenfalls, dass wir endlich da sind. Der Busfahrer macht einen Witz, den wir nicht verstehen. Das folgende Gelächter im Bus gilt uns. Aber es kommt uns so vor als lachten sie mit, nicht über uns.

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3 Kommentare

  1. Ulrike

    Das war sicherlich nicht so einfach. Aber es erinnert mich sehr an meine Kontrollen an der DDR Grenze 1969.
    So ein Erlebnis ist anstrengend, stärkt aber auch.
    Gute Zeit nun auf eurer letzten Etappe in Vietnam.

  2. Pingback: Kunming - letzter Halt in China und Weiterreise nach Laos - Im Nachtzug nach Hanoi

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