Von Kasachstan nach Usbekistan
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Aktau

Die kasachische Stadt Aktau liegt direkt am Kaspischen Meer und wurde Ende der 1950er Jahre von den Sowjets gegründet. Heute leben hier rund 260.000 Menschen. Breite Straßen, Plattenbauten, Parks und Mikrodistrikts prägen das Stadtbild. Es gibt es so gut wie keine Straßennamen, stattdessen bestehen die Adressen in der Regel aus drei Zahlen: der Bezirksnummer (auch Mikrodistrikt genannt), der Hausnummer und der Wohnungsnummer.

In Aktau verbringen wir zwei Tage, am Dienstag den 12. September geht unsere Reise dann weiter in Richtung Usbekistan. In Kasachstan haben wir erstmal nur zwei Tage verbracht, werden aber in etwa zwei Wochen nochmal einreisen.

Nachtzug nach Beineu

Wir sind eine Stunde vor Abfahrt am Bahnhof und steigen in einen alten kasachischen Zug ein. Dieser fährt pünktlich um 15 Uhr ab und soll uns in 7 Stunden in das 400 Kilometer entfernte Beineu bringen. Der Zug scheint noch aus der Sowjetzeit zu stammen, hat aber auch seinen Charme. Auf dem Bahnsteig wollen wir ein paar Fotos machen, doch der Schaffner ruft „no no“. Unser Abteil ist ein vierer Liegewagen, den wir uns mit einem älteren kasachischen Ehepaar teilen, die auf dem Weg in das 24 Stunden entfernte Aktobe sind.

Ich kann leider nicht mit meinen Russischskills glänzen. Es reicht um Scarlett und mich vorzustellen, unser Alter zu nennen und zu sagen, dass wir verheiratet und Touristen aus Deutschland sind. Die restliche Konversation erfolgt über Google Translate, was erfreulich gut funktioniert. Wir erfahren ein wenig über die beiden, über die Landschaft in diesem Teil Kasachstans und über den alten Zug, der ihnen etwas unangenehm ist. Tatsächlich riecht ein bisschen streng und klappert überall, aber wir sind die Deutsche Bahn gewohnt. Bei unserer ersten Fahrt dieser Reise blieb der nagelneue ICE der DB nach fünf Stunden liegen. In diesem kasachischen Zug kann man wahrscheinlich alles in kurzer Zeit mit einem Schraubenschlüssel, Kraft und ein wenig Öl spontan reparieren. Nach einer Stunde Konversation bauen wir das Abteil um, so dass jeder seine Liege hat. Wir müssen um 23 Uhr schon wieder aussteigen, der ganze Aufwand des Bettenumklappens lohnt sich eigentlich nicht, aber wir haben die oberen Liegen und wollen nicht die ganze Zeit auf dem Bett von unseren Mitreisenden sitzen. 

Die Landschaft hier ist sehr karg, erst Steppe, dann Wüste. Zwischendurch ein paar Öl- und Gasförderanlagen. Und Dromedare, immer wieder Dromedare, die wild und frei herumzulaufen. Ebenso wilde Pferde. Und dann sind da noch die Kalksteinhügel, die sich in die sandfarbene Umgebung gut einpassen. Städte passieren wir kaum, dieser Teil der Erde ist sehr dünn besiedelt. Kasachstan ist zwar das neuntgrößte Land der Welt, hat aber nur 19 Millionen Einwohner. 

Nach einem kleinen Nickerchen kommen wir erneut ins Gespräch mit den beiden. Zunächst teilen die beiden ihr Abendessen (Kartoffeln, Fisch, Gurke und Brot) mit uns. Wir können uns leider nur mit ein paar Menthol-Bonbos aus Deutschland revanchieren. Dann erfahren etwas über die Familie, die kasachische Mentalität, die viel Wert auf Respekt und Zusammenhalt der Familie legt. Wir kommen auch auf den Ukraine-Krieg zu sprechen, die beiden verurteilen den Krieg und sind beängstigt über die Situation. Es teilen aber auch nicht alle Kasachen diese Einstellung. Wie in vielen Ländern sind in den letzten Jahren die Lebenshaltungskosten gestiegen, so dass es immer schwieriger wird, mit der monatliche Rente in Höhe von 300 US$ zurechtzukommen. Wir lassen Google ein wenig über unser leben Übersetzen. Wo wir herkommen, wo unsere Familie lebt, was wir für Jobs haben. Und werden nach unserer Meinung zu Frau Merkel, aber auch dem ehemaligen Präsidenten Nursultan Nasarbajew, gefragt. Bei diesen Fragen kommen wir ein wenig ins Schlittern, finden aber ganz diplomatische Antworten. Wir müssen gestehen, dass wir nicht annähernd so gut über die politische Situation in Kasachstan informiert sind, wie die beiden anscheinend über die Politik in Europa.

Von Beineu nach Nukus

Gegen 23 Uhr müssen wir in Beineu (Беинау) aussteigen und verabschieden uns ganz herzlich von den beiden. Sie bringt uns sogar noch den Bahnsteig entlang zur Bahnhofshalle und drückt uns zwei Mal zur Verabschiedung. Wir sind sehr froh einander kennengelernt zu haben. 

In Beineu müssen wir bis 4:30 Uhr warten, bis der nächste Zug weiter nach Nukus, Usbekistan fährt. Wir stellen uns auf eine lange Nacht am Bahnhof ein. Gegen halb eins kommt dann eine Mitarbeiterin vom Bahnhof und erklärt uns mit ihrem Smartphone Übersetzer, dass unser Zug auf Gleis 3 steht und „ready to boarding“ ist. Wir glauben es nicht so richtig, aber da steht tatsächlich ein Zug und wir werden auch reingelassen. Wir freuen uns auf unsere Liegewagen, beziehen die Pritschen und schlafen schnell ein. Die Freude hält nur zwei Stunden an, dann wird das Licht angeschaltet. Der Startbahnhof Beineu ist gleichzeitig der einzige Halt in Kasachstan. Die Grenzprocedure der kasachischen Grenzpolizei beginnt. Wir müssen mal wieder Pässe zeigen, erhalten unseren Ausreisestempel und das Gepäck aller Passagiere wird gründlich überprüft. Das ganze dauert rund zwei Stunden, gegen 05 Uhr fahren wir los. Um 7 Uhr wiederholt sich das ganze Spiel, wir sind jetzt in Usbekistan. Hier müssen wir auch unsere Rucksäcke öffnen und Scarlett muss Ihre Medikamentensammlung zeigen. „This is against Headache, this against Vomit, Painkillers, Antibiotika, Antibaby, … „. Die Beamtin fragt dann noch nach einer Drohne, die wir bewusst in Hamburg gelassen haben. Wir bekommen die Pässe mit Stempel zurück, dann fahren wir weiter durch die ewige Steppe. Die nächsten neun Stunden verbringen wir mit schlafen, lesen, essen und so weiter. Die Landschaft verändert sich kaum, wir fahren die meiste Zeit durch Steppe und Wüste, hin und wieder ist mal eine kleine Oase mit Zivilisation zu sehen.

Fliegende Händler laufen durch den Zug und verkaufen Teigtaschen (Manti), Brot, Cola, Wasser, Schokoriegel, Kinderspielzeug, Bluetooth-Boxen oder bieten an, Geld in usbekische Sum zu tauschen. Für umgerechnet 70 Cent kaufen wir uns ein paar Manti, ansonsten haben wir noch ein wenig Proviant dabei. Dieser Liegewagen der dritten Klassen (Platzkart) ist komplett offen und besteht aus je zwei Liegen übereinander, die quer und längs im Wagen aufgebaut sind. Dazwischen ist ein schmaler Gang. An einem Ende des Wagens befindet sich immer ein Samowar, ein großer Kessel mit heißem Wasser, mit dem Tee, Kaffee oder Instantnudeln aufgekocht werden können.

An unserem Zielort Nukus kommen wir um 18:30 Uhr an. Wir waren zwar insgesamt rund 28 Stunden unterwegs, waren aber trotzdem einigermaßen erholt, da wir viel liegen und dösen konnten.

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