Um 20:30 Uhr kommen wir erneut am Fährterminal in Alat an, wo wir ein paar Stunden zuvor schon einmal waren. Unser Gepäck müssen wir zunächst durch einen Röntgenscanner schieben und ein paar Fragen dazu beantworten („Narcotis?“ – „No“ – „Ok“). Anschließend werden wir in einen Warteraum gebracht, hier befinden sich bereits zwei andere Backpacker und warten. Sie erzählen uns, dass die Fähre wohl in 4-5 Stunden ablegen wird. Es gibt fünf Liegen in diesem Raum, wir machen es uns bequem. Gerade als wir mit den anderen beiden diskutieren, ob wir das Licht an oder ausmachen sollen, kommt jemand und gibt uns zu verstehen, dass wir unsere Sachen packen und ihm folgen sollen – „Dawei, dawei!“. Mit einem Bulli werden wir näher an das Fährterminal gefahren, unsere Reisepässe werden zwei Mal überprüft und schließlich in einem kleinen Container noch ein drittes Mal. Hier erhalten wir auch den Ausreisestempel. Wir waren keine zwei volle Tage in Aserbaidschan. Gegen 23:00 Uhr dürfen wir dann als erste Passagiere über die LKW- Laderampe die Azerbaijan betreten. Wir stolpern fast über die Schienen, die hier auf dem Schiff verlegt sind. Eine direkte Zugverbindung Hamburg – Kasachstan, das hätte doch was! Unsere Pässe müssen wir an Bord direkt wieder abgeben und werden auf das zweite Deck geführt. Hier ist eine Art Rezeption, wir erhalten mit den anderen beiden Backpackern eine 4er Kajüte, die wir recht schnell beziehen.
Edward und Julianne sind etwa so alt wie wir und kommen aus Irland und Hong-Kong. Sie sind auf einer dreiwöchigen Reise von Dubai über den Iran in die Stan-Länder. Ihr Leben dreht sich komplett um das Reisen, ein paar Monate in der Heimat arbeiten sie, um dann in das nächste Abenteuer aufzubrechen. In der Zwischenzeit wird das Schiff mit den LKWs beladen und die LKW-Fahrer beziehen unter lauten Diskussionen ihre Kajüten. Wir legen uns schlafen, gegen 02 Uhr legt die Azerbaijan ab. Das Schiff wurde zwischen 2016 und 2019 gebaut und im Jahr 2020 in Betrieb genommen, ist also recht neu und dadurch ziemlich komfortabel. Unsere Kajüte hat sogar eine Dusche.
Um 7:30 Uhr werden wir durch jemanden geweckt, der an den Türen im Gang klopft und dabei „zavtrak, zavtrak“, Russisch für Frühstück, ruft. Das Frühstück besteht aus trockenem Toast, zwei gekochten Eier, ein paar Gurken und Tomaten, ziemlich strengem Käse und Marmelade. Gar nicht schlecht. Die anderen Trucker grüßen uns, einige Fragen, woher wir kommen. „Germania“ – für viel mehr reichen die Russischkenntnisse dann doch nicht.
Der Zeit an Bord besteht aus Schlafen, Essen, Lesen oder Serien gucken, Schlafen, Essen, …. Ab und zu gehen wir an Deck, um auf die Weiten des Kaspischen Meeres zu schauen, während sich die Azerbaijan gemächlich über die ruhige See bewegt. Einige wenige LKW-Fahrer – sie kommen aus der Ukraine, Belarus, Türkei, Kasachstan, Georgien und Aserbaidschan und haben vermutlich selten so lange Pause – nutzen die freie Zeit und betrinken sich erstmal. Die Stimmung ist ausgelassen, es wird gelacht, jemand spielt einen Schlager über sein Handys und einige Männer singen lauthals mit. Zum Mittag gibt es Suppe, Hähnhchenkeulen und Spaghetti mit Ketchup. Und auch am Abend wird noch einmal etwas Warmes aufgetischt. Nach dem Abendessen verschwinden auf einmal alle früh in ihren Kojen. Wir ahnen, dass die Nacht kurz werden könnte.
Um 04 Uhr früh werden wir geweckt und aufgefordert, unsere Sachen zu packen, die Betten abzuziehen und uns im großen Vorraum vor der Kantine einzufinden. Die nächsten zwei Stunden verbringen wir mit Warten. Die Kasachische Immigration kommt an Bord, unsere Pässe werden gescannt, wir bekommen unsern Einreisestempel und dürfen von Board gehen.
Wir verlassen zwischen den LKWs die Fähre, neben uns geht langsam die Sonne auf. Es ist deutlich kälter als auf der anderen Seite des Kaspischen Meeres, aber angenehm. Wir stehen nun also um 6:30 Uhr in Kuryk, 80 Kilometer von Aktau entfernt vor dem Fährterminal. Sonst ist hier nichts, kein Bus, kein Taxi, kein gar nichts… Fortsetzung folgt
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