Kasachstans atemberaubende Natur
Kasachstans atemberaubende Natur

Kasachstans atemberaubende Natur

Wir unternehmen eine zweitägige Tour, nur wenige hundert Kilometer aus Almaty entfernt, die uns in spektakuläre Landschaften führt. Es soll nur ein kleiner Vorgeschmack dessen sein, was Kasachstan zu bieten hat.

In einem Minivan mit 11 anderen Tourist:innen und unserem Guide Kassym fahren wir am 19.10.2023 los. Zuerst geht es zum Charyn Canyon, eine zig Millionen Jahre alte Felsformation im Charyn Nationalpark. Der Canyon wird auch der kleine Bruder des Grand Canyons genannt, da er geologisch einige Ähnlichkeiten aufweist. Der Sandstein schimmert rötlich, die verschiedenen Gesteinsschichten erinnern mich an den Napoleonkuchen, den es hier gibt, eine Torte aus dünnen Honigkuchen Teigschichten und Buttercreme.

Eine Tafel am Eingang zum Canyon zeigt die Artenvielfalt, die in dem Naturschutzpark beheimatet ist.

Der Charyn Canyon ist 50 km lang und bis zu 370 Meter tief. Zudem gibt es eine große Flora und Fauna in dem Nationalpark. Kassym zeigt uns Bilder von installierten Wildkameras, durch die tatsächlich Schneeleoparden gefilmt wurden. Es ist kaum möglich, sie in freier Wildbahn zu sehen, da sie scheu sind und sich extrem gut verstecken. Durch die Kameras kann ihr Bestand beobachtet werden.

Die Sicht von oben auf die Schlucht ist sogar noch schöner. Früher verlief durch den Canyon ein Seitenast des Charyn Flusses, der heute ausgetrocknet ist. Bei starkem Regenfall kommt es aber manchmal vor, dass gewaltige Schlammwellen durch den Canyon ziehen.

Es geht weiter Richtung Kolsai Lakes. Die Steppenlandschaft verändert sich langsam und wird von grünen Hügeln abgelöst. Die Seen sind durch das letzte große Erdbeben in der Region im Jahr 1911 und einen dadurch ausgelösten Erdrutsch entstanden. In der Region um Almaty gab es in der Vergangenheit viele Erdbeben, auch heute gebe es jährlich kleinere Beben.

Als wir an dem ersten See ankommen, ist die Sonne bereits hinter den Bergen verschwunden und es beginnt langsam zu dämmern. Wir leihen uns ein Tretboot und fahren über den See. Es ist sehr hübsch und ruhig hier. Auf dem Rückweg beobachten wir die Sterne und wie der Mond einen langen Lichtschein aufs Wasser spiegelt.

Wir übernachten in einem Guesthouse in einem Nachbardorf des Ortes Saty. Es ist stockfinster als wir ankommen, unser Fahrer hat Schwierigkeiten die Zufahrt zu finden. Der Besitzer des Guesthouse kommt aus Astana, er ist Anfang des Jahres hierhergekommen, um sein „Business“ aufzubauen. Als er ankam, gab es auf dem Grundstück einige wenige Zimmer und nur ein einziges Bad. In wenigen Monaten baute er alles auf. Das Anwesen besteht aus mehreren Gästezimmern und Yurten. Die Küche und der Speiseraum sind in einem Container eingerichtet.

Beim Abendessen haben wir Gelegenheit, Kassym über Kasachstan auszufragen und uns gegenseitig auszutauschen. Er erzählt, dass in Kasachstan über 120 verschiedene Nationalitäten leben. Viele Menschen seien während der Sowjetzeit nach Kasachstan gekommen. Russisch ist bis heute oft die gemeinsame Sprache, obwohl es längst nicht mehr Amtssprache ist. Für Kassyms Mutter z.B. ist Russisch die Muttersprache. Sie spreche es lieber als Kasachisch, woraufhin der Vater stets entgegne, sie müssten doch alle Kasachisch sprechen. Kassym sieht es gelassen, es brauche einfach noch Zeit.

Wir fragen ihn, was die Bevölkerung zu dem Ukrainekrieg sagt. Er meint, die Stimmung in der Bevölkerung sei eindeutig auf der Seite der Menschen in der Ukraine. Politisch sei es aber schwierig, die Regierung positioniere sich „50:50“ und beziehe nicht Position. „Wir verstehen nicht alles, was unsere Regierung tut“, sagt Kassym schulterzuckend.

Wir kommen auf das Thema Familie und Kinder zu sprechen, da wir ständig darauf angesprochen werden. Susanna ist aus der Slovakei und reist allein durch Kasachstan. Aus ihrer Schulzeit kann sie noch ein wenig Russisch, wodurch sie sich solchen Gesprächen nicht so einfach mit dem Joker der Sprachbarriere entziehen konnte. Dass sie kinderlos ist, schien manche Gesprächspartner schwer zu erschüttern. Sie fühlte sich manchmal so bedrängt durch die Nachfragen, dass sie sogar Geschichten erfand, um das Thema abzukürzen. Kassym erzählt, dass die Familie einen hohen Stellenwert habe. Junge Paare ließen sich heute aber mehr Zeit und bekämen weniger Kinder. Bereits beim Dating werde zudem darauf geachtet, dass zwischen den zukünftigen Eltern möglichst bis zu 7 Generationen (!) zurück keine Verwandtschaft besteht. Um Erbkrankheiten durch Inzucht zu vermeiden.

Es interessiert mich, was es mit der Tradition des Brautraubs auf sich hat und ob dies auch in Kasachstan praktiziert wird. Beim Brautraub handelt es sich nicht um einen Streich während der Hochzeit. Es beschriebt die Entführung einer Frau, um sie zu heiraten. Ich habe darüber aus Kirgistan gehört und war fassungslos. Kassym lacht und sagt, in manchen Regionen in Kasachstan komme das wohl noch vor.

Nach dem Essen sitzen wir am Lagerfeuer, während unsere Gastgeberin uns den Ofen für die Banja einheizt. Die Banja ist eine Sauna, bei der ein Aufguss mit getrockneten Birkenzweigen gemacht wird. Unser Gastgeber schlägt vor, in der Zwischenzeit seine Karaoke Yurte auszuprobieren. Das muss er den 3 Philippininnen nicht zweimal sagen.

Kaindy See und weitere Canyons

Tag 2: Wir machen zuerst Halt am Kaindy See. Kaindy bedeutet auf Kasachisch Birke – dabei sind die kahlen Stämme in dem versunken See gar keine Birken sondern Tannen! Auf den die Seen umgebenen Bergen sieht man weite Tannenwälder. Um zu dem See zu gelangen, müssen wir aber erst durch einen Birkenwald. Deshalb haben die Einwohner ihren See Birken-See getauft.

Die Gerippe der kahlen Baumstämme, die aus dem türkisblauen Wasser des Sees herausragen, haben etwas mystisches. Es ist ist ein beliebtes Ausflugsziel geworden. Ansonsten hat der See nichts allzu spannendes zu bieten. Wir machen eine kleine Wanderung um den See herum und waten an einer Stelle barfuß durch das eiskalte Wasser.

Die ländliche Gegend hat sich vor einigen Jahren ganz auf den Tourismus eingestellt. In dem Dorf Satay gibt es viele Guesthouses. Die Frauen verdienen ihr Geld vor allem als Gastgeberinnen, die Männer als Fahrer, oder Ranger in den Naturreservaten, erklärt uns Kassym. Satay liegt direkt an der Grenze zu Kirgistan. Die Länder trennt ein Gebirgszug. Den Ort mit demselben Namen gibt es auf der anderen Seite der Berge in Kirgistan noch einmal. Der Name bedeutet in beiden Sprachen „Leiter“, eine Anspielung darauf, dass man zwischen beiden Orten nur über die Berge zu klettern braucht.

Zu Mittag essen wir in einem anderen Guesthouse, in dem uns eine gigantische Tafel aufgedeckt wird. Auf dem Tisch steht unter anderem Kurt (Kasachische „Süßigkeit“, Käsekugeln aus Kondensmilch. Nicht so unser Fall…). Baursaki, eine Art Krapfen, die wir mit Butter und Konfitüre essen. Alles hausgemacht, versteht sich. Weiter gibt es Suppe, Manti, russischen Salat und Rote Beete Salat. Ein Festmahl für die Augen und für den Gaumen.

Wieder auf dem Weg Richtung Almaty halten wir im Charyn Nationalpark an weiteren Canyons an.

Während der Charyn Canyon von den Kasachen den Spitznahmen „Valley of Castles“ bekommen hat (ich habe leider vergessen warum…) wird der Black Canyon „Valey of deaths“ genannt. Dies hängt mit den vielen Tieren zusammen, die in seinen Schluchten zu Tode stürzen. An dem Aussichtspunkt sehen wir auch eine Gedenktafel, für einen verunglückten Fotografen, der nur 59 Jahre alt wurde.

Durch die Wüste – oder ist es Steppe (wo liegt da eigentlicher der Unterschied?) geht es weiter zum Yellow Canyon.

Der Yellow Canyon wird auch Uzumbalak genannt „long spring“, nach der Quelle des Flusses der durch die Yellow Canyons führt. Die Felsen bestehen aus Sand, daher „gelb“. Sie verändern ständig mit dem Regen und Wind ihre Form. Die Landschaft ist unendlich weit und wirkt wie auf einem fremden Planeten. In der Ferne deuten sich die Berge Kirgistans und Chinas an.

Es wird schon dunkel als wir auf dem Rückweg nach Almaty sind. Wir haben nur einen kleinen Eindruck von den Ausflugszielen um Almaty bekommen aber kehren begeistert zurück. Für viele Ausflugsziele ist es mittlerweile zu kalt und wir wollen weiterreisen. Das nächste große Abenteuer wartet. Wir versprechen uns, wiederzukommen, um noch mehr von der Landschaft zu entdecken.

Autor

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert