Kambodscha und das 8. Weltwunder
Kambodscha und das 8. Weltwunder

Kambodscha und das 8. Weltwunder

Siem Reap am 06. Dezember. Unser Guide Herr Ho und unser Fahrer (ich habe leider seinen Namen vergessen) holen uns um 4:30 am Hotel ab. Wir wollen früh am großen Tempel Angkor Wat sein, um uns vor den hunderten anderen Touristen, die jeden Morgen hier erscheinen, den besten Platz an dem Wassergraben zu sichern. Es ist ein beliebtes Fotomotiv, wenn sich der Tempel vor der aufgehenden Sonne im Wasser spiegelt. Die dicht aneinander gedrängten Menschen, die ihre Kameras, Handys und Selfiesticks in die Höhe halten, stören die Magie des Moments ein wenig. Aber was sollen wir sagen, wir sind ja ein Teil von ihnen…

Angkor Wat

Irgendwann in den 1980 Jahre, Herr Ho muss Jugendlicher gewesen sein, hielt ein Kanadier auf einem Motorrad an seiner Schule an und fragte die Kinder, ob sie ihn zu den Tempel Ruinen in der Nähe führen könnten. Die Jungs sprangen auf ihre Fahrräder und radelten mit dem Motorradfahrer zu den Ruinen. Die Schulkameradinnen, die sie vor der Schule warten ließen, seien wenig begeistert gewesen. Seine Freundin, mit der er immer von der Schule nach Hause radelte, sei so eingeschnappt gewesen, dass sie die ganze Fahrt nicht mit ihm gesprochen habe, erinnert sich Herr Ho und lacht.

So kam es dazu, dass Herr Ho in den 80er Jahren zum ersten Mal die Ruinen des Ta Prohm besuchte, als die Tempelanlage noch keine beliebte Touristen Attraktion war. Überall seien die Trümmer der Tempelanlage verstreut gewesen und sie mussten über die moosbewachsenen Steine klettern. Alles sei vom Urwald überwucherte gewesen. Die Ruine von damals hatten nicht viel mit dem gemeinsam, was wir heute, durch jahrelange aufwendige archäologische Ausgrabungen, Restaurierungen und Rekonstruktionen bewundern dürfen.

Es ist faszinierend, wie gut Herr Ho sich auskennt. Er referiert über Geschichte, Religion und Mythologie. Erklärt die hinduistischen und buddhistischen Symbole, die sich in den Tempeln finden und die verschiedenen Zeiten und Einflüsse repräsentieren.

Geschichte Angkor Wats

Der Bau der ersten Tempelanlage geht zurück auf den Khmer König von Angkor Suryavarman I. zu Beginn des 11. Jh., die der Verehrung des hinduistischen Gottes Vishnu diente. Suryavarman II. ließ im 12. Jh. die Anlage restaurieren und erweitern und den Haupttempel Angkor Wat bauen, vermutlich als seinen eigenen Totentempel. Folgende Herrscher hatten weitere Tempel, entweder zu Ehren der Götter oder Buddha oder als Totentempel für sich und die Königsfamilien errichten lassen. Je nachdem, welcher Herrscher an der Macht war, wechselten sich Hinduismus und Buddhismus als Staatsreligion. Vor allem der Khmer König Jayavarman VII. Förderte die Verbreitung des Buddhismus im Land und machte ihn zur Staatsreligion. Angkor Wat wandelte sich im Laufe des 12/13. Jh. von einem hinduistischen in einen buddhistischen Tempel, indem viele Skulpturen, Verzierungen und Symbole des Buddhismus hinzugefügt wurden. Diese wiederum wurden von nachfolgenden Eroberern und Herrschern, die den Buddhismus ablehnten, zerstört oder entwendet. So ist es zu erklären, dass sich heute fast keine einzige intakte Buddha Statue oder Verzierung findet. Überall sieht man enthauptete Buddhas oder herausgeschlagene Bildnisse in den Fassaden. Es folgten Jahrhunderte, in denen die Tempelanlage mehr und mehr in Vergessenheit geriet und zum Teil verwahrloste. Im 19. Jh erlangte sie Aufmerksamkeit durch europäische Entdecker Reisende und weckten koloniale Interessen Frankreichs an Kambodscha.

Jahre nach seinem ersten Besuch mit dem kanadischen Motorradfahrer, kam Herr Ho in den 1990er Jahren erneut mit seinen Freunden zu den Tempelruinen, um in einem der Teiche der Wallanlage zu schwimmen, die man begonnen hatte von dem Wildwuchs zu befreien. Zuvor sei alles von hohe Gräser überwachsen gewesen, in denen Wasserbüffel weideten. Wir fragen ihn, ob die Menschen denn von der Existenz der Tempel überhaupt wussten und sie besuchten, ob sie irgendeine religiöse Bedeutung hatten.

Sicher, einige Mönche und buddhistische Pilger hätten sie besucht, aber niemand hätte viel Energie und Geld gehabt, sie zu sanieren und Instand zu halten. Die Zeiten waren geprägt durch Bürgerkriege und die Schreckens Herrschaft der Roten Khmer. Unter den Roten Khmer war die Ausübung jeglicher Religion verboten. Erst nach ihrer Vertreibung lebte der Buddhismus in den 1990 Jahren wieder auf.

Seit dem 20. Jh begannen intensive archäologisch Restaurationen, die international gefördert wurden. In den vielen Trümmern und unter der Erde werden noch heute viele Reste der zertrümmerten Buddhas und andere archäologische Schätze vermutete, erklärt Herr Ho. Mit einem speziell entwickelten Steinkleber sei es bereits gelungen, einzelne Statuen wieder zusammenzusetzen und somit die Originale zu replizieren. Ähnlich versucht man auch die umherliegenden Steinen eingestürzter Gebäude wieder zusammen zu puzzeln. Eine Sissifuss Arbeit, die aber Dank internationaler Projekte stetig fortgeführt wird.

Frühstückspause in einem kleinen Ort

Für eine Frühstückspause führt uns Herr Ho in einen kleinen Ort. Es gibt ein typisches Essen, bestehend aus einer Fisch- Curry-Kokossuppe, Palmenkuchen mit Kokosmilch Füllung, sowie Reismehl Kuchen mit Palmenzucker Füllung. Herr Ho erzählt darüber, wie er als Kind seiner Mutter beim Herstellen der Reisnudeln geholfen hat, die sie später im Ort verkauften.

Er erzählt uns davon, wie man in Kambodscha zum staatlichen Touristenguide ausgebildet wird. Es ist eine mehrjährige Ausbildung, die auch eine Sprachkurs (v.a. Englisch, Chinesisch, Russisch, Deutsch, Französisch oder Spanisch) umfasst. Am Ende muss man eine strenge Prüfung ablegen und kann sich lokaler Touristen Guide nennen. Es gibt auch die Möglichkeit einen Aufbaukurs zum National Guide zu machen. Herr Ho hat bereits einen Kurs dazu absolviert. Er hätte Lust auf die Weiterbildung. Allerdings würde dies bedeuten, dass weiter weg von zu Hause arbeiten würde. Er und seine Frau haben einen Blumen- und Gemüsegarten und einige Hühner, um die er sich kümmert. Es würde ihm schwer fallen, sein zu Hause zu verlassen.

Ta Prohm: Der Tempel, den der Urwald verschlang

Neben dem Haupttempel Angkor Wat ist der Tempel Ta Prohm einer der Touristen Magneten der Anlage. Er wird auch der Djungel Tempel genannt. Berühmt wurde 2001 als eine der Kulissen in dem Kinofilm Lara Croft: Tomb Raider. Wir sind wenig an dem cinematischen Ruhm interessiert aber es ist unbestreitbar ein einmaliger Anblick und eine mystische Kulisse.

Eine riesige Tetramele steht auf dem Dach des Tempels. Ihre Wurzeln haben das Mauerwerk durchdrungen. Sie sind zu einer Einheit verwachsen. Keiner kann ohne den anderen existieren, früher oder später werden sie beide zusammenbrechen. Denn der Baum wächst immer weiter. Wenn der Tempel vom Gewicht des Baumes einstürzt, wird auch der Baum sein Fundament verlieren und ebenfalls einstürzen. In der Vergangenheit hat man versucht, die Bäume zu kappen. Aber es ist nicht ungefährlich, in dieses Ökosystem einzugreifen. Der Bau von Entwässerungsanlagen und Beschneidungen des Astwerks haben dazu geführt, dass viele Bäume in der folgenden Sommerzeit eingegangen sind.

Ohne den Baum, bzw. seine Wurzeln die das Mauerwerk durchziehen, würde der Tempel destabiliesiert und ebenfalls einstürzen. Also versucht man, solange es geht, den Tempel einerseits zu stabilisieren (z.B. durch Balken und Stützen, sowie Schutz vor Wasserschäden) und andererseits den Baum daran zu hindern noch weiter zu wachsen, ohne ihn dabei so zu beschädigen, dass er eingehen und den Tempel einstürzen ließe.

Außerdem wird jedes Jahr das Mauerwerk von neuen kleinen Setzlingen befreit, die auf den bemoosten Steinen und Mauern wachsen wollen.

Ich frage mich, wie es die Tempel wohl geschafft haben tausend Jahre zu überdauern, bevor Menschen sie entdeckt und restauriert haben… Es ist bemerkenswert wie so beständige und kunstvolle Gebäude vor so langer Zeit gebaut werden konnte. Ein Teil der Baukunst bestehe in der Verwendung eines bestimmten, natürlich hergestellten Mörtels (dessen Zusammensetzung bis heute nicht gänzlich verstanden ist) und eines besonderen Materials der Ziegel. Das Geheimnis ihrer Widerstandsfähigkeit liege darin, dass man dem Laterit, Back- und Sandstein Gemisch der Zuegel einen Anteil Vulkangesteins hinzugefügt habe, erklärt uns Herr Ho. Die Öfen, mit denen die Backsteine vor rund 1.000 Jahren gebrannt wurden, könne man noch heute weiter außerhalb besichtigen.

Eine anderes Merkmal der Bauweise ist die vollendete Kunst, mit der jeder Tempel gestaltet wurde. Alle Oberflächen und jeder einzelne Stein sind mit Gravuren verziert. Obwohl viele Verzierungen und Statuen beschädigt, zerstört oder entwendet worden sind und man die Wandbemalungen nicht mehr erkennen kann, versetzt es einen in Ehrfurcht davor, wie imposant diese Tempel einst waren und immer noch sind. Angkor Wat wird manchmal auch das 8. Weltwunder genannt.

Die Tour ist sehr spannend und trotzdem sind wir erleichtert, als wir am frühen Nachmittag zurück ins Hotel gebracht werden. Sobald die Sonne hoch am Himmel steht wird es unerträglich. Jede kleinste Bewegung verursacht Schweißausbrüche, unsere Gehirne sind dumpf vor Hitze. Dagegen hilft nur Mittagsschlaf und ein Bier am Abend 😉

Siesta auf der Terrasse unseres Hotels. Das Seven Candles Guesthouse ein Familienbetrieb und ein einfaches aber sehr gemütliches uns charmantes Hotel. Danke liebe Lena für den Tip! 😉

Ein Familienabend mit Freunden

Auf der Tour haben wir uns mit Cari angefreundet, einer Amerikanerin aus Boston, die mit ihrem Mann und den zwei Mädchen (die sich während der Tour im Homeschooling mit ihrem Dad befinden) ein Jahr auf Weltreise unterwegs sind. Sie lädt uns abends zu sich „nach Hause“. Offenbar ist auch Cari erfreut über die Aussicht auf eine Art Abend mit Freunden, auch wenn wir uns erst ein paar Stunden kennen. Wir folgen der spontanen Einladung. Unter der angegebenen Adresse befindet sich in einem Gebäudekomplex, in dem vermutlich vor allem Expats und Langezeit Touristen unterkommen. Das kleine Apartment ist tatsächlich sehr heimelig. Als wir ankommen, sitzt die Familie grad beim Abendessen. Die Mädchen wollen später unbedingt mit uns Karten spielen. Wir verbringen einen sehr netten Abend mit ihnen.

Weitere Besuche

Wir haben einen drei Tages-Pass für Angkor Wat gebucht. Nach der geführten Tour fahren wir mit dem TukTuk Taxi am nächsten Tag noch einmal zum Sonnenuntergang und am übernächsten Tag erneut zum Sonnenaufgang zu den Tempeln von Angkor. Dann geht es weiter in die Hauptstadt Phnom Penh.

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